Biergeschichte in den Städten: Cottbus

 

 

Zum 600 jährigen Bierjubiläum wurde auch in der Stadt Cottbus dessen gedacht. Aus diesem Grund wurde auch 1985 ein Heft herausgegeben, welches die Geschichte der Stadt zusammenfaßt. Die Pilsberatung erhielt diese Seiten (zwar nicht ganz vollständig) von T. Kircher von der Brauerei Kircher in Drebkau. An ihn besten Dank! 

Schon in der Antike kannte man das Bier. Die Griechen bezeichnen das aus Gerste hergestellte Getränk mit "Zython", und die Römer gaben ihm den Namen "Cerevisia", abgeleitet von Ceres, der Göttin der Feldfrüchte, und vis, die Kraft. Bier wurde jedoch recht selten getrunken, da der Wein in der Gunst der Römer an erster Stelle stand.
Wesentlich anders waren die Verhältnisse bei den Germanen. Tacitus berichtet in seiner "Germania", daß sie mit Vorliebe einen Aufguß aus Gerste oder Weizen tranken. Es war ein von den Germanenfrauen zubereitetes stark berauschendes Getränk.
Aus alten Chroniken geht jedoch hervor, daß auch von jeher Bier gebraut wurde.
Die älteste Kunde vom Hopfenanbau in Deutschland stammt aus dem 8. Jahrhundert. Im 12./13. Jahrhundert fand das Bier allgemeinen Eingang in Deutschland. Anfangs wurde es mit Eichenrinde gewürzt, vom 11. Jahrhundert an durch Hopfen. Durch diese Neuerung konnte nunmehr lagerfähiges Bier gebraut werden.
Märkische Hopfenbiere gelangten zu jener Zeit bis nach Rostock und Lübeck. Sie wurden hier auch teilweise verladen und bis nach England transportiert. Nach diesem allgemeinen Überblick wenden wir uns der heimischen Bierbrauerei zu. Die deutsche Ostexpansion führte in der Niederlausitz zu einer Umwälzung der wirtschaftlichen, sozialen, ethnischen und kulturellen Verhältnisse.
Mit der Entfaltung des örtlichen Handwerks und Handels entwickelte sich auch die Bierbrauerei zu einer wichtigen Erwerbsquelle der Stadt Cottbus.
Die erste urkundliche Erwähnung des Cottbuser Bieres stammt aus dem 14. Jahrhundert.
In dieser Urkunde wird mitgeteilt, daß Albrecht Chron, Erzpriester von Cottbus, 1385 in Beeskow einen Streit zwischen dem Probst Buchholz daselbst und dem Abt Wynyngen zu Neuzelle schlichtet.
Dabei wird dem Beeskower Probst das Recht zugestanden, Bier für den Eigenbedarf zu brauen, wie es die Pfarrer zu Cottbus, Sorau und anderen niederlausitzschen Städten haben.
Die Braugerechtigkeit des Cottbuser Erzpriesters setzte eine Brauberechtigung der gesamten Bürgerschaft voraus. Da die Urkunden aus jener Zeit den Stadtbränden von 1468, 1600 und 1671 zum Opfer fielen, wissen wir nicht genau, welcher Art dieses Vorrecht war.
Es ist anzunehmen, daß Cottbus wie auch andere Städte mit Stadtrecht (12.Jh) auch das Braurecht erwarb. Brauen durfte in der Stadt nur, wer im Besitz des Bürgerrechtes war.
Aus diesen Besitzern setzte sich die Brauerzunft zusammen, die die Stadt mit Cottbuser Bier versorgte. Ihr Schutzpatron war Gambrinus.
Durch mittelalterliche Sagen geisterte die Fabelfigur dieses flandrischen Königs als Biererfinder und als Bierkönig.
Die Produktion im 15. Jahrhundert erreichte eine Höhe, die es gestattete, Bier auszuführen. Görlitzer Ratsrechnungen aus dem Jahre 1409 geben uns Auskunft darüber, daß hier Cottbuser Bier ausgeschenkt wurde, das Viertel zu einer Mark.
Cottbuser Bier wurde auch in der Umgebung verkauft. Dies erklärt sich daraus, daß seit der Gründung der Städte die Ausübung der Gewerke im allgemeinen ein Vorrecht der Städte war. Das Braugewerbe machte davon keine Ausnahme.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß das Brauwesen in Cottbus zu Beginn des 15. Jahrhunderts solch einen Aufschwung erlebte und in kurzer Zeit eine Qualität erreichte, daß es auch exportiert werden konnte. Das Cottbuser Bier aus jener Zeit genoß also nicht nur in seiner Heimatstadt großes Ansehen, sondern auch im Ausland.
Ein für das wirtschaftliche Leben der Stadt wichtiges Privileg, das sogenannte Meilenrecht, geht auf die Herren von Cottbus zurück.
Es wurde am 28. November 1501 durch den Kurfürst Joachim I. und seinen Bruder Albrecht erneut bestätigt.
Nach diesem Privileg durfte im Umkreis von einer Meile kein fremder Leineweber, Tuchmacher, Schuhmacher, Schneider oder Kürschner sein Handwerk in Cottbus betreiben und es sollten nur Cottbuser Bier und Branntwein ausgeschenkt werden.
In der Urkunde heißt es: "Uff Eygen Bewilligung unser Erbar manschafft von wegen der auff dem lande unser herschafft Cotbus und den auß dem Rathe daselbst von gemeiner Stadt wegen, wollen wir das nymands und sunderlich kain Cruger under einer meylen von Cotbus kann byr brawen, auch kain bir anders dennCotbus bir schenken, es hatte dann ymands von der herschafft sunderliche und verschribene begnadung."
Gleichzeitig bestätigte der Kurfürst mit der Erneuerung des Meilenrechtes auch den Bierzwang. Dieses Vorrecht begünstigte die Cottbuser Brauherren und das Braugewerbe und führte zu einem beträchtlichen Aufschwung des Gewerbes.
Das Bier war eine reiche Einkommensquelle für den Landherren und die Stadt. Bei Gewährung dieses Privilegs bestimmte der Kurfürst, daß ihm von der Bierziese 8 Pf und der Stadt 4 Pf je Tonne zufließen sollten.
1551 wurde eine neue Bierordnung erlassen. Der Magistrat der Stadt erhielt anstatt des 3. Pfennigs Bierziese jährlich 350 Gulden. Im Jahre 1555 wurde die Abfindung auf 300 Gulden herabgesetzt. Die Bierordnung von 1551 legte fest, daß das vorhandene Bier verkauft sein mußte, ehe andere ihr "Bierzeichen" aushängten, das den Verkauf von frischem Bier ankündigte.
Nach dieser Bierordnung durften in Cottbus 46647 Hektoliter gebraut werden. Die 1551 erlassene Bierordnung mußte bereits 1560 revidiert werden, da die vorgesehene Menge Bier nicht abgesetzt werden konnte.
Das neu festgesetzte Quantum lag bei jährlich 30000 Hektoliter, die sich auf 1156 Bier verteilten (rund 26, 5 hl je Bier). 1560 gab es in der Stadt Cottbus 130 Bierhäuser in verkehrsgünstiger Lage. Ein Teil dieser Bierhäuser befand sich am Altmarkt, dem Zentrum des Handels.
Die Braugerechtigkeit legte für jedes Haus die Anzahl der Biere fest.
Eine Reduzierung der gesamten Biermenge zog eine Herabsetzung der "Biere" nach sich. Da die Biere einzeln oder geschlossen verkauft werden konnten (zuerst mit der Einschränkung, daß sie nicht in ein anderes Stadtviertel verkauft wurden), kam es bisweilen vor, daß ein Bierhaus zu einem "kleinen" Haus absank, wenn der Besitzer gezwungen war, alte Biere zu verkaufen.
Währende noch im 16. Jahrhundert das Brauwesen einen Aufschwung in unserer Stadt nahm, ist im 17. Jahrhundert ein merklicher Rückgang zu verzeichnen.
Ursachen hierfür waren nicht nur die beiden Stadtbrände in den Jahren 1600 und 1671, bei denen auch ein Großteil der das Braugewerbe betreffenden Akten vernichtet wurden, sondern auch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, von dem unsere Stadt nicht verschont blieb.
1626 und 1627 zogen Wallensteins Truppen (40000 Soldaten) plündernd und brandschatzend durch unsere Stadt. Aus einem Verzeichnis vom August 1627 geht hervor, daß an Wallensteins Truppen in Cottbus 179,5 Tonnen Bier übergeben werden mußten.
Am Ende des jahrzehntelangen Krieges 1648 erreichten das Handwerk und der Handel einen Tiefstand, eingeschlossen der Bierbrauerei.
Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erholte sich die Stadt langsam von den Schäden.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts- etwa 1650- begann man in Cottbus Weißbier aus Weizen zu brauen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde in Cottbus ausschließlich Gerste zum Brauen genutzt. Aus alten Quellen ist zu entnehmen, das die Cottbuser Weißbierbrauer angesehene Leute in der Stadt waren. Ihr Bier war nicht nur bei den einheimischen Bürgern beliebt, sondern es wurde nach Berlin, Sachsen und Nordeuropa exportiert. Von Zeitgenossen wird berichtet, daß das "Kottbuser Stadtbier" bis Berlin und Stockholm verfahren wurde. Ein Chronist jener Zeit, Carl Julius Weber, stellte fest, daß Cottbus berühmt sei durch sein Bier.
In seinen Feststellungen teilt er uns auch etwas über den Geschmack der Biertrinker von einst mit: "In der Dresdener Gegend wurde häufig das Cottbuser Bier mit Zitrone und Zucker getrunken."
Das Cottbuser Weißbier war eine gute Einnahmequelle für den städtischen Rat.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist die Cottbuser Brauordnung abermals geändert worden. Die goldene Zeit für die Cottbuser Bierbrauerei schien vorüber zu sein. Es wurden Klagen laut, daß das Cottbuser Bier schlecht Absatz fände. Am 9. Juni 1692 trat eine neue Brauordnung in Kraft. In ihr wurde festgehalten, daß fortan nur noch 580 Biere gebraut werden sollen. "Keiner durfte ohne Bürgerrecht brauen, der Fremde hatte bei der Übernahme eines Brauhauses 8 Taler, der Erbe die Hälfte davon an die Brauerinnung zu entrichten."
Zu jeder Zeit wurde das Reihebrauen eingeführt, mit dem Ziel, für jeden Brauberechtigten eine Absatzsicherung zu erreichen. Damals gab es in der Stadt 121 Brauhöfe, die das Bier zu gleichen Teilen erhielten. Um auch den weniger bemittelten Brauern das Brauen zu ermöglichen, wurde verfügt, "daß sie aus den kurfürstlichen Kastenamt Malz leihweise erhalten sollten."
In den Jahren von 1704 bis 1713 wurden 7687 Gebräude, in den nachfolgenden zehn Jahren nur 6554 Gebräude abgebraut.
Von 1723 bis 1733 stieg die Zahl der Gebräude auf 6739 an. Im Jahre 1740 wurden 759 Wispel und 8 Scheffel Weizenmalz durch die Brauer zur Herstellung von 11026 Tonnen Bier benötigt. Das Bier wurde zu ca. 80 Schenkkrügen (Gaststätten) und in andere Städte gebracht.
In der Zeit des Siebenjährigen Krieges belief sich die Anzahl der Gebräude auf 5876. Ein Chronist der Stadt berichtet, daß Cottbus nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges von einer ungeheuren Schuldenlast bedrückt worden sei. Durch den Aufschlag von nur einem Pfennig auf jeden Viertelliter Bier konnten die während des Krieges entstandenen Schulden innerhalb von 19 Jahren abgezahlt werden.
Im Jahre 1770 erfolgte eine Veränderung in der Zusammensetzung des Bieres. In der Stadt Cottbus existierten zu jener Zeit 129 Bierhöfe. Im Jahre 1773 braute man 12760 Tonnen Bier und im Jahre 1783 waren es schon 16120 Tonnen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird in den Quellen mitgeteilt, daß im Jahre 1807 in unserer Stadt 10200 Tonnen Bier gebraut worden sind, wovon die Hälfte außerhalb der Stadt verkauft wurde. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wies die Cottbuser Bierbrauerei eine wöchentliche Produktion von 100 bis 150 Tonnen aus.
Zu dieser Zeit verdrängte das aufkommende Bitterbier in den größeren Städten Deutschlands das Cottbuser Erzeugnis. Die Brauberechtigten der Stadt brauten reihum. Damit die Bevölkerung immer wußte, wo es frisches Bier gab, erschienen die Namen der jeweils Abbrauenden im Cottbuser Wochenblatt.
Die Hausfrauen holten ihr Hausbier und den Gastwirten wurde ihr bestelltes Quantum in großen Henkeltonnen ins Haus gebracht. Für die arme Bevölkerung dieser Stadt stellte man einen zweiten, einen dünnen Aufguß bereit, das sogenannte Nachbier. Die Einnahmen für dieses Bier waren in der Regel ein willkommenes Taschengeld für die Hausfrau des Bierbrauers.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es auch in Cottbus zu einem schnellen Aufschwung des Kapitalismus. Das machte sich auch in der Bierproduktion bemerkbar. Aus vorliegenden Quellen sind uns mehrere Brauereien bekannt, jedoch wollen wir nur die Geschichte derjenigen Betriebe darstellen, aus denen der spätere Betriebsteil Cottbus des VEB Vereinigte Getränkebetriebe hervorgegangen ist.
Die älteste Brauerei ist der 1860 gegründete und im Jahr 1898 als Bayrische Brauerei Emil Kircher eingetragene Betrieb in der Taubenstraße 9. Typisch für diese Produktionsstätte war ein Bier, so wie es der Name zum Ausdruck brachte, welches nach bayrischer Art gebraut wurde. Im Jahre 1898 erfolgte auch ein grundlegender Umbau der gesamten Brauerei. Im "Adressbuch für die gesamte Brauindustrie Europas" aus dem Jahre 1928/1929 ist die damalige Ausrüstung und Kapazität des Betriebes u. a. vermerkt:
- Elekromechanischer Betrieb, Feuerkessel, Sudhausanlage für 25 Ztr. Schüttgut, 1 Eismaschine, 1 Kühlmaschine, Gär- und Lagergefäße aus Aluminium, Flaschenkeller, 3 Kraftlastwagen, 4 Gespanne, 30 Angestellte und Arbeiter, Ausstoß 14000hl.

Hergestellt wurden damals: Malzbier, Lagerbier, Cottbuser und Deutsches Pilsener sowie Stangeneis.
In den folgenden Jahren erhöhte sich der Produktionsausstoß auf: 1939: 15000hl Bier; 1200hl Limonade, 1944: 18000 hl Bier; 1800 hl Limonade
Im Jahr 1945 wurde dieser Betrieb durch Kriegseinwirkungen geringfügig zerstört, wobei die Zerstörungen lediglich die Wohn- und Verwaltungsräume betrafen, während die Produktionsräume außer einigen zerstörten Fensterscheiben erhalten blieben.
 

Im Jahre 1863 wurde in der Bautzener Straße 153/156 die Vereinsbrauerei als Genossenschaft mit einem Gesellschaftskapital von 40000 Mark gegründet.
Zu dieser Zeit wurde nur das "Cottbuser Weißbier" hergestellt, welches von den Abnehmern in großen ca. 100 bis 130 Liter fassenden Fässern abgeholt wurde.
Später, im Jahre 1897, wurde diese Brauerei durch entsprechende Neuanlagen auch zur Herstellung von Lagerbier eingerichtet. Bis zum Jahre 1908 erreichte die Brauerei neben dem Weißbier einen so großen Absatz an Lagerbier, daß der Neubau eines modernen Sudhauses mit entsprechender Einrichtung vorgenommen werden konnte.
Im Jahre 1918 wurde die Vereinsbrauerei mit einem Kapital von 300000 Mark in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Aktionäre waren u.a. der Brauereibesitzer Kurt Schnitter, der Stadtrat Karl Roggensack sowie einige Gastwirte und Privatpersonen. Als Aktiengesellschaft entwickelte sich dieses Unternehmen sprunghaft.
Im Jahre 1925 wurde ein Jahresausstoß von 15000 hl verzeichnet und bereits 4 Jahre später wurden 35000 hl produziert.
Aus dem bereits erwähnten Adreßbuch und betrieblichen Unterlagen geht hervor, daß die Brauerei um 1928 über ein modernes Kesselhaus und ein dampfbeheiztes Sudhaus sowie über eine eigene Eisherstellung verfügte. Gleichzeitig bestand bereits damals eine moderne Flaschen- und Faßabfüllung. Im Unternehmen waren 50 Arbeiter beschäftigt. Für die Belieferung der Kundschaft waren 1 Lastkraftwagen und mehrere Gespanne im Einsatz. Spezialisiert war die Brauerei auf die Produktion von "Cottbuser Pilsener", "Edelbräu", "Cottbuser Gold" und "Tafelbier". Aufgrund wechselnder Besitzverhältnisse änderte sich der Name der Vereinsbrauerei A.G. in Kurmärkische Brauerei A.G. und nach 1945 in Merkur- Brauerei.


Der dritte Betrieb, der zum späteren Grundstock des VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus, Betriebsteil Cottbus, gehört, ist die Brauerei Gustav Schultze Söhne. Diese Brauerei wurde 1901 gegründet und hatte den Charakter eines Handwerksbetriebes. Das Produktionssortiment bestand aus zwei Erzeugnissen, und zwar "Cottbuser Weißbier" und "Braunbier". Das "Cottbuser Weißbier" war ein Spezialbier, welches mittels Weizenrauchmalz eingebraut wurde. Als Flaschen für das "Cottbuser Weißbier" verwendete man Tonflaschen mit 0,7 Liter Inhalt, in denen auch gleichzeitig die Nachgärung erfolgte. Die Produktionsfläche war sehr gering, die Produktionsmittel völlig primitiv, und fast alle Arbeiten mußten manuell verrichtet werden. Der gesamte Transport des Bieres wurde mittels Pferde- bzw. Handwagen durchgeführt. Trotz schon zu damaligen Zeiten stark ausgeprägten Konkurrenzkampfes behauptete sich der Betrieb und entwickelte sich aufwärts. Seit 1924 liegt ein gewisses Zahlenmaterial über den jährlichen Ausstoß an Bier vor. Im Jahre 1924 betrug dieser bereits 11323 hl. Ab dieser Zeit wurde dann auch der gesamte Transport mit Pferdegespannen durchgeführt. Die Anschaffung des ersten Lastkraftwagens erfolgte im Jahr 1927 und erhöhte sich bis 1938 um weitere drei. In den Jahren 1927 bis 1931 erfolgte die Erweiterung des Betriebes um ein neues Produktionsgebäude und eine Garagenanlage. Die Aufnahme von zwei weiteren Biersorten, und zwar "Karamel-Malzbier"(pasteurisiert) und "Cottbuser Kristall- Weißbier", bereicherte ab 1934 das Produktionssortiment. Aufgrund der starken Konkurrenz auch durch auswärtige Brauereien (vor dem Zweiten Weltkrieg lieferten 28 Brauereien ihr Bier nach Cottbus) spielte die Qualität und die Werbung eine große Rolle. Die älteren Bürger der Stadt Cottbus werden sich noch gern an die schmucken Gespanne erinnern, von denen das Bier verkauft wurde. Hier ist absichtlich die Rede von "verkaufen", denn es wurden ausschließlich Verkaufstouren gefahren, auf denen die Bierfahrer ihr Bier verkauften. Sehr hohe Anforderungen wurden an alle Arbeiter einer Brauerei gestellt. Zwar war gemäß Tarifordnung für Beschäftigte in den Brauereien aus dem Jahre 1934 eine Arbeitszeit von 48 Stunden vorgeschrieben, doch konnte nach Ermessen des Betriebsführers die Arbeitszeit bis auf wöchentlich 60 Stunden heraufgesetzt werden, wovon natürlich ergiebig in den Sommermonaten Gebrauch gemacht wurde. Wer sich weigerte, diese zusätzlichen Überstunden zu leisten, konnte mit Haft bis zu 4 Monaten bestraft werden. So teilte z.B. am 25.9.1942 der Leiter des Arbeitsamtes Cottbus als Beauftragter des "Reichstreuhänders für Arbeit" dem Betriebsführer der Firma Bayrische Brauerei Cottbus mit, daß der Hilfsarbeiter Fritz Weber wegen Verletzung der Arbeitsvertragspflichten mit einer Gefängnisstrafe von 4 Monaten bestraft wurde.
Durch den Krieg wurden die Cottbuser Brauereien in ihrer Entwicklung sehr zurückgeworfen. Teilweise waren die Anlagen zerstört, der Fuhrpark stark dezimiert, und viele Fachkräfte mußten im Krieg ihr Leben lassen bzw. befanden sich noch in Gefangenschaft. Trotzdem hatten die Überlebenden den Mut nicht verloren und begannen unmittelbar nach Kriegsende vor allem mit der Unterstützung der sowjetischen Militäradministration mit der Instandsetzung der Maschinen und Ausrüstungen und der Wiederaufnahme der Produktion.
Aus betrieblichen Dokumenten geht hervor, daß die Brauerei Gustav Schultze Söhne als erste im Juli 1945 die Produktion mit dem Sortiment "Einfach-Malzbier" aufnahm. Ihr folgte gemäß SMA Befehl Nr. 72 am 11.9.1945 die Bayrische Brauerei Emil Kircher und Anfang des Jahres 1946 wurde in der Merkur-Brauerei mit ca. 30 Arbeitskräften die Produktion von zunächst 3prozentigem dunklen Bier wieder aufgenommen.
Der Anfang war für alle Beteiligten recht kompilizert, denn an den notwendigsten Voraussetzungen für eine geordnete Produktion fehlte es. Was heute selbstverständlich ist, wie das Vorhandensein von Gummistiefeln, Arbeitsanzügen, Reinigungsmitteln und vielem anderen mehr, war damals großer Engpaß.
In diesen schweren Jahren traten u. a. solche Arbeiter wie Theodor Kulka, Fritz Kockott und Kollege Hans- Werner Richter, die auch später noch aktiv das Betriebsgeschehen beeinflußten, mit hohem persönlichen Einsatz allen Schwierigkeiten entgegen und erwarben sich hohe Verdienste beim Aufbau und Entwicklung der Getränkeindustrie in Cottbus. Dank des Fleißes vieler entwickelte sich die Produktion kontinuierlich weiter; so z.B. stieg der jährliche Bierausstoß in der Kircher- Brauerei von 14000 hl im Jahr 1950 auf 18000 hl im Jahr 1953.
Mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 wurde auf dem Gebiet der damaligen sowjetischen Besatzungszone der Grundstein für eine sozialistische Entwicklung gelegt. Viele Inhaber privater Betriebe versuchten, diesen Prozeß aufzuhalten und verließen aus diesem Grund die DDR oder wurden herausgebeten, so u.a. auch der Besitzer der Kircher- Brauerei. Dieser Betrieb wurde deshalb am 1.1.1954 unter der Bezeichnung "VEB Brauerei Cottbus" volkseigen. Die beiden anderen Brauereien nahmen entsprechend der sozialistischen Entwicklung einen anderen Weg. Über Betriebe mitstaatlicher Beteiligung wurden sie 1972 in den volkseigenen Sektor übernommen.
Mit der allseitigen Entwicklung des Bezirkes Cottbus, der später das Zentrum der Kohle- und Energiewirtschaft der DDR wurde, wuchs auch die Verantwortung der Getränkeindustrie. Zählte Cottbus 1949 noch 51662 Einwohner, so sind es waren zu Hochzeiten über 120000, die ständig mit Bier und alkoholfreien Erfrischungsgetränken versorgt werden mußten. Gleichzeitig mußten der ständig wachsende Strom von Touristen in den Spreewald und die neu geschaffenen Erholungsgebiete des damaligen Bezirkes Cottbus versorgt werden.
Bei ständig steigendem Verbrauch haben sich auch Trinkgewohnheiten der Bürger in starkem Maße verändert. Während noch vor dem zweiten Weltkrieg die Brauereien große Mengen Bier in Fässern verkauften, nahm seit 1945 der Trend zum Genuß von Flaschenbier immer mehr zu. Dies bedeutete, nicht nur die Produktion weiter zu steigern, sondern auch eine Umprofilierung der Betriebe, insbesondere die Erweiterung der Flaschenabfüllkapazitäten vorzunehmen. Die Hauptaufgabe bestand darin, durch umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Getränken ständig zu sichern. Diese großen und schwierigen Aufgaben konnten nach damaliger offizieller Lesart nicht von den einzelnen bisher zumeist relativ kleinen Betrieben des Bezirkes bewältigt werden, zumal zusätzliche Arbeitskräfte nicht zur Verfügung standen. Deshalb mußte ein größerer leistungsfähiger Getränkebetrieb im Bezirk unter Einbeziehung bisher selbständig produzierender Kleinbetriebe geschaffen werden. Durch die Konzentration der Produktionskapazitäten und eines Teiles der Aufgaben, einheitliche Lenkung, Leitung und Rationalisierung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese Probleme einer Lösung zuzuführen. Davon ausgehend wurde als erster Schritt am 1.1.1970 aus den bis dahin selbständigen volkseigenen Betrieben: 1. VEB Brauerei Cottbus mit dem bereits angeschlossenen Betrieb Brauerei Weißwasser (ehemals Schnitter- Brauerei), 2. VEB Getränkeversorgung Lübben (ehemals Fa. Franz Schwietzke Likörfabrik und Weingroßhandlung Lübben) der VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus gebildet und in das Register der "volkseigenen Wirtschaft" eingetragen. Sitz und Leitung dieses Betriebes befanden sich in dem ehemaligen VEB Brauerei Cottbus in der Taubenstraße. Als erster Betriebsdirektor wirkte Willi Mühlbach.

Mit dem Stand vom 1.1.1972 bestanden im Bezirk Cottbus nachfolgende Betriebe: 8 volkseigene Betriebe, 16 Betriebe mit staatlicher Beteiligung, 2 Konsumbetriebe, 3 PGH, 14 Privatbetriebe. Die Durchführung des "Beschlusses des Politbüros des ZK des SED vom 8.2.1972 zur Stärkung der sozialistischen Produktionsverhältnisse" hat jedoch in der ersten Hälfte des Jahres 1972 zu einer völlig veränderten sozialökonomischen Struktur der Betriebe der Erzeugnisgruppe Bier und alkoholfreie Erfrischungsgetränke innerhalb des Bezirkes Cottbus geführt. Mit dem Stand vom 1.6.1972 waren entstanden: 31 volkseigene Betriebe, 2 Konsumbetriebe, 8 Privatbetriebe.
Diese verantwortungsvolle Tätigkeit der Erzeugnisgruppenarbeit wurde dem neu gebildeten VEB Vereinigte Getränkebetriebe Cottbus übertragen, der sich im Prozeß der weiteren Konzentration der Produktion durch den Anschluß des VEB Malzbierbrauerei Cottbus und der Merkurbrauerei Cottbus sowie der Getränkebetriebe Hoyerswerda und Spremberg zu einer sozialistischen Wirtschaftseinheit entwickelte. Diese Entwicklung wurde in den Folgejahren fortgesetzt und fand ihren Abschluß mit der Bildung des VEB Getränkekombinat Cottbus zum 1.1.1981. In diesem bezirksgeleiteten Kombinat waren alle volkseigenen Getränkebetriebe des Bezirkes Cottbus eingegliedert.
Auf dem Gebiet der Technologie wurde in der Brauerei in der Bautzener Straße im Jahr 1971 das damals entwickelte Druckgärverfahren eingeführt und war später noch wirksam. Mit diesem Verfahren war es möglich, schneller ausstoßreifes Bier herzustellen.
Die gesamte Bierfiltration erfolgte über eine moderne Kieselgurfiltrationsanlage aus der CSSR. Es wurde dadurch gewährleistet, daß die Biere ein gutes Aussehen erhielten und eine TGL-gerechte Haltbarkeit erzielt wurde.
1985 stellten die in Cottbus ansässigen Produktionsstätten des VEB Getränkekombinat Cottbus jährlich 215000 Hektoliter Bier in den Sorten Vollbier Hell, Deutsches Pilsener und Bockbier her. Damit sichern die rund 300 Beschäftigten im wesentlichen die Versorgung der Bevölkerung der Bezirksstadt und des Kreises Cottbus- Land ab.
An dieser Stelle soll einmal verdeutlicht werden, was jährlich in Cottbus für die Produktion dieser Menge Bier an Grund- und Hilfsstoffen erforderlich war: 1820 t Gerste, 1650 t Malz, 18 t Hopfen, 2 t Hopfenextrakt, 350 t Zucker, 7000 t Rohbraunsiebkohle, 750 t Braunkohlebriketts, 250 MWh Elektroenergie, 2,2 Mio hl Wasser.
Insgesamt wurden im Jahr 28 Millionen 0,5-l-Flaschen Bier gefüllt, wofür Etiketten mit einem Gesamtgewicht von 8500 Kg und 66 t Blech für die erforderlichen Kronenverschlüsse benötigt werden. Für die 22 Fahrzeuge des Werkfuhrparkes werden jährlich 88000 l DK benötigt, um die Getränke rechtzeitig und in ausreichendem Maße zu den Kunden zu bringen. Anderseits liefern die Cottbuser Brauereien aus den Rückständen dieser jährlichen Bierproduktion 3600 t Treber und 200 t Abfallhefe an die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften als Futterreserven.
Bei einem für 1985 zu erwartenden Pro- Kopf- verbrauch der Bezirkes Cottbus bei Bier von 149,5 l war es verständlich, daß die Cottbuser Braustätten und die weiteren vier kleineren Brauereien des Bezirkes allein nicht in der Lage waren, die Versorgung der Bevölkerung des Bezirkes zu gewährleisten. Im Rahmen von Kooperationsbeziehungen mit anderen Getränkekombinaten werden deshalb z.B. 1985 596000 hl Tankbier mittels Tankfahrzeugen in die Getränkebetriebe gebracht und dort vorwiegend in Flaschen abgefüllt.
Im Rahmen des "sozialistischen Wettbewerbes" unternahmen die Angestellten des Cottbuser Betriebes große Anstrengungen, um die Bevölkerung in guter Qualität mit Bier zu versorgen. Mit der im Jahr 1978 in der Produktionsstätte Bautzener Straße in Betrieb genommenen Flaschenabfüllanlage wurden täglich im 3-Schichtsystem täglich bis zu 120000 Flaschen mit Bier gefüllt. Der ständig steigende Bedarf und ökonomische Gesichtspunkte erforderten eine weitere schrittweise Rekonstruktion des Cottbuser Betriebes. So war vorgesehen, noch 1985 eine neue moderne, hochleistungsfähige Flaschenabfüllanlage zu installieren und im Dezember 1985 in Betrieb zu nehmen. Damit konnte die Abfüllkapazität um weitere 30 Prozent gesteigert werden. Mit weiteren vorgesehenen Investitionsmaßnahmen sollte die Grundlage geschaffen werden, um die Aufgaben des kommenden Fünfjahresplanes, wie es der XI. Parteitag der SED beschließen würde, abzusichern. Eine weitere Erhöhung des Produktionsausstoßes durch die Umstellung der Technologie der Bierproduktion nach den damals neuesten Erkenntnissen auf das Reaktorverfahren sowie die Erweiterung des Sortiments an Flaschenbier waren damit verbunden. Gleichzeitig wurde mit den kommenden Rekonstruktionsmaßnahmen auch eine weitere Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse angestrebt.

Die Qualität des Bieres ist in der Bevölkerung seit jeher immer sehr umstritten. Deshalb wurden vor allem in den letzten Jahren der DDR große Anstrengungen unternommen, um auf diesem Gebiet einen entscheidenden Schritt nach vorn zu tun. Im Qualitätswettbewerb der 15 Getränkekombinate der DDR konnte man vom vorletzten Platz 1983 auf einen guten Mittelfeldplatz 1985 vorrücken. Das befriedigte aber noch nicht.
Zur Beurteilung der vier erstgenannten, der sensorischen Qualitätsparameter, wurden regelmäßig Verkostungen durch ein Gutachter-Gremium vorgenommen, wobei ein Koeffizient (KQ- Wert) ermittelt wird, der eine Aussage über die jeweilige Bierqualität gab. Diese Verkostungen waren Bestandteil einer regelmäßigen Warenausgangskontrolle, wodurch garantiert werden sollte, daß nur TGL-gerechtes Bier der Bevölkerung zum Kauf angeboten wurde.

An dieser Stelle war unsere Quelle leider zu Ende. Allerdings erreichte uns kurz nach Veröffentlichung folgende Ergänzung per e-Post.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Internet habe ich zufällig unter www.pilsberatung.de den nicht ganz vollständigen Text zur Cottbuser Biergeschichte gelesen. Er stammt aus der Broschüre "600 Jahre Cottbuser Bier", die anlässlich des 600jährigen Braujubiläums entstanden ist und vom damilgen Kombinatsdirektor des VEB Getränkekombinats Cottbus herausgegeben worden ist. Autoren waren: Stefan Meyer, Hans Dieter Kliesch und Christian Friedrich. Den fehlenden Text ergänze ich nachstehend.

"Die Warenausgangskontrolle ist aber nur ein Teil des komplexen
Qualitätssicherungssystems (QSS), welches in unserem betrieb konsequent durchgesetzt wird.
In diesem QSS sind die notwendigen Kontrollmaßnahmen eingeordnet, beginnend bei der Wareneingangskontrolle aller Roh- und Hilfsstoffe, sowie über den gesamten technologischen Ablauf der Bierherstellung und -abfüllung hinweg, die sowohl durch die TKO des Betriebes, aber auch durch die Selbstprüfertätigkeit an den jeweiligen Arbeitsplätzen durchgeführt werden.
Für diese Kontrolltätigkeit der Werktätigen liegen konkrete Arbeitsplatzcharakteristiken vor, womit gesichert wird, daß bei eventuell auftretenden Qualitätsabweichungen sofort in den laufenden Produktionsprozeß eingegriffen werden kann. Die Selbstprüfertätigkeit der Werktätigen hat deshalb eine ganz entscheidende Bedeutung, um Biere mit einer gleichbleibend guten Qualität zu produzieren. Es ist deshalb klar, daß die Gewährleistung einer ständig guten Qualität im sozialistischen Wettbewerb bei den Produktionsbrigaden einen hohen Stellenwert einnimmt.
Mit unserer Arbeit wollen wir einerseits die Traditionen der Brauindustrie fortsetzen und andererseits unseren politischen Auftrag zur Sicherung und ständigen Erhöhung des Versorgungsniveaus der Bevölkerung, so wie es die Partei- und Staatsführung beschlossen hat, gewährleisten. Dafür geben die Werktätigen unseres Betriebes der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und allen Bürgern unseres bezirkes in ihren Wettbewerbsverpflichtungen zur würdigen Vorbereitung des XI. Parteitages der SED ihr Wort.
 

Naumann Kombinatsdirektor

Meyer Parteisekretär und Vorsitzender des Rates der Parteisekretäre des VEB Getränkekombinat Cottbus".

Im Cottbuser Heimatkalender 2001 ist ein neuer Artikel von Christian Friedrich zu diesem Thema unter dem Titel:"Hopfen und Malz -Gott erhalt' s! :Die Cottbuser Biergeschichte" erschienen. Er ist mit Bierdeckeln und Etiketten illustriert.

Mit freundlichen Grüßen

Friedrich

Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Herrn Friedrich für diese Ergänzung bedanken.

 

 

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